Am Donnerstag, 14. März hielt Dr. cand. Karim Arezki an der STH Basel im Rahmen der Vorlesung «Religionswisssenschaft II» von Prof. Dr. Harald Seubert ein Seminar über Jesus im Islam.
Das viel beachtete Seminar, an dem auch zahlreiche externe Gäste teilnahmen, fand in Zusammenarbeit mit HET-PRO, einer kürzlich eröffneten theologischen Fachhochschule in der Westschweiz, und der Stiftung «Zukunft CH» statt. Unter dem Titel: «Wer sagt denn ihr, dass ich sei?» beschäftigte sich Arezki mit Jesus im Koran und in der Bibel. Der Referent war selbst Muslim, ist aber in seiner Jugend durch den Kontakt mit dem Evangelium Christ geworden. Er konnte also aus persönlicher geistlicher, aber auch fundierter fachlicher Perspektive über das Thema berichten. Er lehrt Islamologie und vergleichende Religionswissenschaften an der HET-PRO.
Arezki begann damit, dass er dieses Thema für ein heikles, aber auch für eines mit einer grossen Kommunikationsmöglichkeit zwischen der christlichen und der islamischen Theologie hält: «Jesus verbindet und trennt die islamische und christliche Theologie, so wie keine andere Person und kein anderer Inhalt.» Darauf las er Mt 16,13-17 mit der Frage Jesu an seine Jünger, wer er denn sei. Im Anschluss daran stellte Arezki die Lehre von Jesus im Koran an Hand der dritten Sure dar. Nach dem Koran ist Jesus Marias Sohn und nicht Gottes Sohn. Doch der Koran hält zugleich fest, dass Jesus von einer Jungfrau geboren wurde und ohne Sünde war, worin Gemeinsamkeiten mit der christlichen Lehre über Jesus zu erkennen sind.
Nach Arezki unterscheidet sich der Koran aber deutlich von der biblischen Lehre durch Berichte über Jesu Kindheit, wo Jesus grosse Wunder tut und bereits ein übernatürliches Wissen hat. Auch bei den Wundern Jesu als Erwachsener weicht der Koran vom Neuen Testament ab. So habe Jesus nach der islamischen Theologie alle Wunder aus sich selbst hervorgebracht. In der christlichen Theologie ist dagegen eine klare Verbundenheit solcher Taten zu Gott dem Vater zu finden.
Jesus, der im Koran nur Mensch und Prophet ist, wird nach der islamischen Theologie nicht gekreuzigt. Die islamische Theologie sieht in der historisch berichteten Kreuzigung von Jesus eine Täuschung, so Arezki. Die islamische Theologie begründet dies damit, dass ein Prophet Gottes siegen müsse und nicht sterben könne. Muslime bezeichnen Jesus aber in Übereinstimmung mit dem Prolog des Johannesevangeliums als «Wort Gottes». Dieser Begriff kommt für Jesus im Koran dreimal vor. Manche islamische Gelehrte sprechen wie in der christlichen Theologie von einer Existenz Jesu von Beginn der Welt an.
Dennoch bleiben elementare Unterschied in der Lehre über die Person Jesu im Christentum und Islam. So ist der koranische Jesus nur Mensch. Der Jesus der Evangelien aber ist Mensch und Gott zugleich. Dadurch nimmt Jesus in der christlichen Theologie eine Mittlerrolle wahr: Er ist ganz Mensch, um uns vor Gott zu vertreten, und er ist ganz Gott, um den Preis für unsere Sünden zu bezahlen. Diese Mittlerrolle Jesu kennt die islamische Theologie nicht, wie Arezki hervorhebt. Prof. Seubert ergänzte dazu im Blick auf Paulus: «Jesus wird im Koran nur nach dem Fleisch gelehrt, nicht aber nach dem Geist.»
Karim Arezki rief uns alle dazu auf, mit unseren muslimischen Freunden über Jesus ins Gespräch zu kommen: «Wir sind in der Bibel dazu aufgerufen (1. Petr. 3,15).» Als häufiger Vorwurf kann von den Muslimen kommen, dass die Bibel gefälscht sei. Doch dies ist nicht der Blick des Korans auf die Bibel. Im Koran ist nämlich die Bibel ein heiliges Buch, das unmittelbar von Gott kommt. Mohamed ruft sogar dazu auf, in strittigen Fragen die Bibel zur Nachprüfung zu nutzen, wie aus Sure 10,49 hervorgehe. Dies ist für uns Christen eine grosse Möglichkeit, Muslime zu einem koranischen Blick auf die Bibel zu ermutigen.
Es wirkt weniger irritierend, wenn man die Meinung des Koran über die Bibel kennt. So hat der Koran, wie Arezki betont, von der Bibel eine hohe Meinung, beruft sich direkt auf die Bibel und bestätigt das Alte und Neue Testament, da er sich mit ähnlichen Geschichten und Themen beschäftigt. Die Auseinandersetzung mit der Bibel ist daher eine hervorragende Möglichkeit für Muslime, Jesus als den Sohn Gottes und ihren Retter zu erkennen.
Johannes Göpffahrt, BTh-Student