Ein Artikel über meine Erfahrungen an der Károli-Gáspár-Universität der Reformierten Kirche in Ungarn im Studienjahr 2024/25.
Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich gemütlich in Budapest am Ufer der blauen Donau auf der sich mittlerweile eine goldene Brücke bildet, da der heiße Junitag sich dem Ende neigt. Ein großer Fluss und heiße Sommertage sind nicht das Einzige, was Budapest mit Basel verbindet.

Die STH Basel pflegt schon seit etlichen Jahren die Partnerschaft mit der Reformierten Károli-Gáspár Universität in der stolzen ungarischen Hauptstadt. Im Rahmen dieser Partnerschaft konnte ich nach drei Jahren Bachelorstudium in der Schweiz das Studium ab September 2024 in Ungarn fortsetzen. Dies bot sich an, da ich zweisprachig aufgewachsen bin und daher fließend Ungarisch spreche. Die KRE (Károli Református Egyetem) ist eine kirchliche Universität, die 1993 von der ungarischen Reformierten Kirche gegründet wurde und an der man neben Theologie (das schon seit 1855) viele weitere Fächer studieren kann. Diese enge Verknüpfung mit der Kirche prägt das ganze Studium und wirkt sich auch auf die theologische Lehre aus.
Diese enge Verknüpfung mit der Kirche prägt das ganze Studium und wirkt sich auch auf die theologische Lehre aus.

Die ung. ref. Kirche hat seit 1567 zwei bindende Bekenntnisse: den Heidelberger Katechismus und das II. Helvetische Bekenntnis. Den Bekenntnissen wissen sich auch die Dozenten an der Theologischen Fakultät verpflichtet, daher bewegt sich ihre Lehre weitestgehend auf dem Boden der Bibel. Die allermeisten Dozenten haben neben ihrer Lehrtätigkeit auch eine Pfarrstelle. Die Nähe zur Kirche bringt einen weiteren Vorteil mit sich: die Praxis. Zuerst einmal ist da die „Legáció“ zu nennen. Dies ist ein Jahrhunderte alter Brauch der theologischen Ausbildung in Ungarn. Die Protestanten im Karpatenbecken hatten die meiste Zeit ihres Bestehens einen schweren Stand und verfügten nicht über große Mittel. Die teure Ausbildung der werdenden Pfarrer, wurde zum größten Teil von den Gemeinden finanziert. Ein Weg der Finanzierung war die „Legáció“.

auch in Ungarn leeren sich immer mehr die Kirchenbänke, wenn auch nicht so schnell und drastisch, wie in der Schweiz und in Deutschland.
Die Theologiestudenten wurden von ihrer Ausbildungsstätte an den hohen christlichen Feiertagen (Weihnachten, Ostern und Pfingsten) in die Gemeinden gesandt (lat. legare – senden, beauftragen), damit sie dem dortigen Pfarrer in dieser arbeitsintensiven Zeit aushelfen. Als Lohn bekam der Theologiestudent ein „Legátum“ einen von Gemeinde zu Gemeinde variierenden Geldbetrag mit dem der Theologiestudent sein Studium bestreiten konnte. Dieser Brauch hat sich bis heute erhalten. Daneben gibt es an einigen Wochenenden während der Vorlesungszeit sogenannte Theologische Wochenenden. An diesen fährt eine Gruppe von Theologiestudenten mit dem Spiritual (Pfarrer/Seelsorger der Theologiestudenten) in eine ung. ref. Gemeinde innerhalb oder auch außerhalb Ungarns, nimmt am Leben der Gemeinde Teil und gestaltet auch selber einen Gottesdienst, die Jungschar, den Teenkreis, den Seniorenkreis o.Ä.. Ich durfte auch mehrmals mit dabei sein. Am eindrücklichsten fand ich den Besuch in Szék einem traditionellen Siebenbürger Dorf im heutigen Rumänien. Früher war dieses Gebiet Teil des Ungarischen Königreiches, daher leben bis heute dort viele ethnische Ungarn so auch in diesem Dorf.

Es war wie eine Zeitreise. Szék liegt fern ab vom Trubel der Welt mitten in den sanften Hügeln der Mezőség. An den Straßen reihen sich die schönen bunten alten Bauernhäuser und die Menschen sind sehr nett und herzlich. Alte Bräuche sind dort noch lebendig, so konnten wir am Samstagabend an einem traditionellen Tanzhaus (ung. táncház) teilnehmen. Am Sonntagmorgen war die Kirche gut gefüllt und v.a. die ältere Generation kam noch in Tracht zum Gottesdienst.

Dies ist aber eher die Ausnahme, denn auch in Ungarn leeren sich immer mehr die Kirchenbänke, wenn auch nicht so schnell und drastisch, wie in der Schweiz und in Deutschland. Dies hat sicher auch mit der allgemeinen Einstellung der Gesellschaft zu tun, die um einiges Konservativer ist als vieler im Westen. Aber mit Sicherheit liegt es auch am theologischen Profil, das sich hier in der ung. ref. Kirche nach der Bibel und den Bekenntnisschriften ausrichtet und so den Menschen Sinn und Halt gibt. Denn nichts ist ein besseres Fundament als das Wort Gottes. Ein Unterschied zur STH ist, dass die zukünftigen Pfarrer gemeinsam in einem Studentenwohnheim leben müssen, welches sich direkt neben der Uni befindet, man könnte auch sagen in das Gebäude übergeht.
nichts ist ein besseres Fundament als das Wort Gottes.


Károli-Gáspár-Universität, Budapest
Denn von meinem Bett bis zum Seminarraum brauche ich nur drei Minuten und muss dazu nicht einmal das Gebäude verlassen. Das gemeinsame Wohnen hat zur Folge, dass man auch das Leben miteinander teilt und so die anderen auf einer ganz anderen Ebene kennenlernt als nur durch die Vorlesungen. Hier werden Freundschaften fürs Leben geschlossen, die sehr wichtig für den zukünftigen Dienst sind. Auch ich durfte hier gute Freunde finden. Leider geht mit dem Juni auch meine Zeit in Ungarn zu Ende. Ich habe es sehr genossen, in einer so schönen Stadt, an einer guten Uni und umgeben von netten Menschen zu studieren. Dafür bin ich Gott sehr dankbar! Ich hoffe, dass nach mir weitere STHler diese tolle Erfahrung machen. Oder vielleicht kommt jemand von der KRE an die STH Basel?