Studientag am 19. Juni 2015 an der STH Basel
Am Freitag, dem 19. Juni, fand an der STH Basel eine Studientagung zum Thema «Singen im Gottesdienst» statt. Die sechs Referenten beleuchteten das Thema aus biblischer, empirischer, musiktheoretischer und pastoraltheologischer Sicht. Neben den STH-internen Referenten Prof. Dr. Armin Mauerhofer, Dr. Stefan Schweyer und Dr. Jürg H. Buchegger, wurden Prof. Dr. Andreas Marti (Professor für Kirchenmusik, Universität Bern), Dr. Stephan Reinke (Musikwissenschaftler, Vorsitzender im Musikausschuss der Liturgischen Konferenz der EKD) und Susanne Hagen (Dozentin für Musik, Theologisches Seminar St. Chrischona) eingeladen. Beim Morgen-, Mittag- und Abendlob wurde das gemeinsame Singen aktiv gepflegt.
Professor Mauerhofer zeigte aus Sicht des
Neuen Testaments die Bedeutung des Singens auf. Bereits Paulus habe die
ersten Christen dazu aufgefordert, Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder
zu singen. Dabei solle die Anbetung allein zu Gottes Lob geschehen.
Schliesslich sei es die Gnade Gottes, die es uns ermögliche, freudig zu
singen! Zudem diene das Singen, sofern es von der Bibel geprägt ist, der
gegenseitigen Erbauung, der Belehrung, und nicht zuletzt auch der
Evangelisation.
Der Kirchenmusiker und Musikwissenschaftler StephanReinke
stellte eine empirische Untersuchung in evangelischen Kirchen
Deutschlands vor. Die vielen Einzelergebnisse summierten sich zu einem
Gesamtbild: Gottesdienstteilnehmer singen gern – und zwar vor allem
Lieder, die sie kennen. Umgekehrt gälte: Ein Lied, das keiner mitsingt,
verfehlt seinen Zweck. Obwohl es um das Singen also nicht so schlecht
bestellt sei, wie oft angenommen, sei es dennoch gerade im Blick auf die
Zukunft wichtig, alle Altersgruppen anzusprechen und entsprechend das
Repertoire und den Singstil zu erweitern.
Stefan Schweyer
stellte in seinen Analysen zu freikirchlichen Gottesdiensten unter
anderem fest, dass das Singen nach der Predigt der zweitgrösste Teil des
Gottesdienstes darstelle und in Gemeinden gerade deswegen ein hohes
Konfliktpotential besitze. Zudem habe das gemeinsame Singen mehrere
Funktionen im Gottesdienst: Man richtet sich zusammen auf Gott aus,
erfährt gemeinsam Gottes Gegenwart und vermittelt geistliche Wahrheiten.
In Bezug auf die Durchführung des Gemeindegesangs beobachtet Schweyer
einen Trend von einem kollektiven zu einem konzertanten Singen, das
gemeinsame Singen werde also mehr und mehr von Bühnendarbietungen
ersetzt.
Einen Praxisimpuls erhielten die Teilnehmer durch die Musikerin Susanne Hagen.
Bezüglich Auswahl der Lieder empfiehlt sie ein thematisch und
stilistisch breit gefächertes Repertoire von maximal 200 Liedern. Gerade
weil Anbetung eine Herzenshaltung ist, sei die Sprache der Lieder sehr
wichtig. Es werde zudem immer ein Spannungsfeld bleiben, dass sich jede
Generation mit einem unterschiedlichen Liedgut identifiziere.
Nach einem Mittagslob und gutem Essen referierte Professor Marti
über das Zusammenspiel von Sprache und Musik. So zeigte er unter
anderem, dass ein Lied einer Person anbiete, sich mit dem Liedtext zu
identifizieren. Jedoch geschehe diese Filterung oft nur selektiv: Man
eigne sich an, was einem gerade passt. Besonders bei fremdsprachigen
Liedern sei das gut zu beobachten. Marti plädierte für poetische und
kunstvolle Lieder, welche es den Singenden ermöglichen, das Lied mit
ihrer eigenen Lebenswelt zu verbinden.
Jürg Buchegger
legte den Fokus auf die theologischen Kriterien von alten und neuen
Liedern. Gegenüber triumphalistischen und idealistischen Liedtexten
betonte Buchegger die Notwendigkeit, auch Not, Schuld, Sünde und
Vergänglichkeit in Liedern zu thematisieren. Obwohl eine Vielfalt an
Liedern wichtig sei, sei es kritisch, wenn Gemeinde-interne
Liedkreationen einen zu grossen Raum einnähmen und zwischengemeindlich
kein gemeinsamer Nenner mehr zu finden sei.
Nach einem
Diskussionsteil und einem Abendlob ging die ausgesprochen bereichernde
Tagung zu Ende. Gerade aufgrund der thematisch breiten Fächerung der
Referate, wurden den Teilnehmern zahlreiche wertvolle Impulse
mitgegeben, die für die Gestaltung von Gottesdiensten sehr hilfreich
sind!
Tagungsprogramm
9.30 | Morgenlob | Susanne Hagen |
9.45 | Begrüssung / Eröffnung der Tagung | Stefan Schweyer |
Die Bedeutung des Singens für die christliche Gemeinde – Impulse aus dem Neuen Testament | Armin Mauerhofer | |
10.15 | Was sollen wir eigentlich (noch) singen? Einblicke in eine empirische Untersuchung zum Singen im Gottesdienst | Stephan Reinke |
11.00 | Pause | |
11.15 | Gemeinde singt – Erkenntnisse aus der empirischen Erforschung freikirchlicher Gottesdienste | Stefan Schweyer |
12.00 | Impulse zur Praxis des gemeinsamen Singens | Susanne Hagen |
12.15 | Mittagslob | Susanne Hagen |
12.30 | Mittagspause mit Lunch | |
14.00 | Sprache und Musik im Zusammenspiel | Andreas Marti |
14.45 | Pause | |
15.00 | Lieder – alt und neu. Suche nach theologischen Kriterien | Jürg Buchegger |
15.45 | Diskussion im Plenum | |
16.45 | Abendlob | Susanne Hagen |
17.00 | Schluss der Tagung |