Um Martin Heidegger, den grossen Philosophen des vergangenen Jahrhunderts, sowie sein Werk und seine Lebenswelt besser kennenzulernen, war Motor und Ziel einer halbtägigen Exkursion nach Todtnauberg, dem Zweitwohnsitz Heideggers. Dort, unscheinbar hinter ein paar Bäumen auf der lichten Aue mit herrlichem Panoramablick ins Todtnauer Land und tropfendem Brünnlein, entwarfen Elfride und Martin Heidegger Anfang der 1920er Jahre ein kleines Hüttchen als Rückzugsort von der fordernden Lehrtätigkeit Heideggers in Freiburg. Dieses Relikt aus alt-vergangener Zeit sollte den Ausgangsort der Begegnung mit der Person Heidegger und seinem Denken bilden, zu dem wir – sechs interessierte Studenten der STH Basel – uns unter sachkundiger Anleitung von Herrn Prof. Dr. Harald Seubert, Fachbereichsleiter für Philosophie, Religions- und Missionswissenschaft, am Sonntagmittag des 27. Mai aufmachten.
Im Südschwarzwald angekommen begrüsste uns der extra vom Bodensee für uns angereiste Enkel des bekannten Philosophen, Arnulf Heidegger, und zeigte uns die 42m2 grosse Hütte, die bis heute weitgehend im historischen Zustand belassen wurde und von Heidegger während seines ganzen Lebens an allen Wochenenden und Semesterferien – in Summe über zehn Jahre – bewohnt wurde. Und tatsächlich: als wir im kleinen Studierzimmer Heideggers standen, den Schreibtisch, die Schreibunterlage, die wenigen Bücher und das Brünnlein vor dem Fenster sahen, also an dem Ort waren, an dem so viele der grossen Werke Heideggers ihre Entstehung erfuhren, überkam uns doch alle ein Gefühl der völligen Unmittelbarkeit zu Heidegger – es hätte für einen Moment nicht weiter überrascht, wenn der alte Heidegger tatsächlich durch die Tür gekommen wäre.
Wir setzten uns also ins Wohnzimmer an den alten Holztisch, an dem bereits Grössen aus aller Welt und allen Disziplinen Platz genommen hatten und liessen uns vom Enkel dieses grossen Denkers hineinnehmen in Geschichten um die Hütte und um die herausragenden Persönlichkeiten, die diese immer wieder zum Gespräch mit Heidegger aufgesucht hatten: Rudolf Bultmann, Hans-Georg Gadamer, Familie von Weizsäcker, Wolfhart Pannenberg und viele andere.
Nachdem uns die Hütte während eines grossen Unwetters Schutz gewährt hatte, kam schon bald wieder die Sonne heraus, und wir machten uns daran, den Martin-Heidegger-Weg zu beschreiten und dabei ganz nach Heideggers Sinn Herrn Prof. Seubert zu den Anfängen der Zeit zu befragen und zu dem, was Sein im Denken Heideggers denn nun wirklich ist. So spazierend erhielten wir eine erstklassige Einleitung in die grossen Gedanken des Freiburger Professors und wurden selbst angeregt, weiter zu fragen, nicht vorschnell fertig zu sein und fragend unsere Welt wahrzunehmen. Als wir so den Feldweg beschritten, erlebten wir, was Heideggers Werk mehr als alles andere prägt: Das Unterwegs-Sein zur Sprache und zu einem «fragender Fragen».
Nach all dieser Tiefsinnigkeit führten uns unsere Wege hinab ins Tal der Trivialität, nämlich in ein kleines Wirtshaus, wo wir in sonntäglicher Nachmittagssonne die Freudenseiten unseres Weges zu Heidegger bei Kaffee und Kuchen genossen und erneut ins Fragen kamen, sehr bereichert durch die Kenntnis Herrn Arnulf Heideggers und Prof. Seuberts.
Abrundend kehrten wir am Abend in ein vortreffliches Restaurant ein, das passend den Namen «Schlüssel» trug, und so den Tag in manch interessantem Gespräch bei Tisch aufschlüsselte und anregte, mit Heidegger wahrzunehmen, was wirklich seiend ist und wie wir davon reden können.
Vielen Dank, Herr Prof. Seubert und Silas Eiche, für einen bemerkenswerten Tag!
Bericht von Magnus Rabel, Austauschstudent von der Universität Tübingen