Tilmann Geske Lecture 2022 05 19 Sth Basel 13

Vortrag / Seminar Tilmann Geske Memorial Lecture 2022

Ps 116,15: Kostbar ist in den Augen des HERRN der Tod seiner Heiligen.

Mit diesem erstaunlichen Psalmwort eröffnete Prof. Sven Grosse die diesjährige Tilmann Geske Lecture. Die STH Basel ehrt mit dieser jährlichen Veranstaltung das Gedenken an den Alumnus Tilmann Geske, der mit zwei einheimischen Christen im Jahre 2007 in der Türkei wegen seines Glaubens getötet worden ist. Damit steht er in einer langen Reihe der Märtyrer, die zu allen Zeiten der Kirche ihr Bekenntnis zum auferstandenen Christus mit ihrem eigenen Blut besiegelten.

Die 21 Martin Mosebach
Martin Mosebach: Die 21. Eine Reise in der Land der koptischen Martyrer. Rowohlt Verlag

Der diesjährige Referent Martin Mosebach las aus seinem meisterhaften Portrait anderer moderner Märtyrer: „Die 21.“ Diese 21 Männer gaben 2015 in Libyen im Bekenntnis zu Christus ihr Leben. Ihre islamistischen Mörder fertigten ein Dokument ihrer brutalen Abschlachtung an. Doch das Video, das Furcht und Schrecken in der ganzen Welt verbreiten sollte, wird zu einem Dokument des Glaubens und des Bekenntnismutes gerade in den Familien und in der Kirche ihrer Opfer: Der uralten koptischen Kirche Ägyptens, aus der 20 der 21 stammten.

Martin Mosebach taucht in diese faszinierende, fremde Welt Oberägyptens ein. Seine meisterhafte sprachliche Virtuosität macht es zu einer wahren Freude, ihm durch die Lektüre seines Buches in diese andere Welt zu folgen. Wie ein Entdecker kreist er das Geheimnis der Märtyrer immer weiter ein: Von der ersten Begegnung mit ihnen in westlichen Medien, über die Begegnung mit dem Bischof der Blutzeugen, dem Besuch der Familien bis zu der meisterhaften Beobachtung der Tradition der Kopten und der modernen Herausforderungen des ägyptischen Staates zeichnet Mosebach einen Reisebericht in das Herz einer fremden Kultur. Eine klare Leseempfehlung!

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Martin Mosebach

Er sei kein guter Reporter, behauptet Mosebach an einer Stelle. Ihm fehle die Hemmungslosigkeit bohrend nachzufragen. Aber genau dieser feine Zug des Literaten ist die Stärke des Buches. An keiner Stelle tritt er als der westliche, gebildete Mensch auf, der eine „primitive“ Kultur seziert und „einordnet“. Vielmehr beobachtet er mit großem Wohlwollen und viel historischem und liturgischem Sachverstand eine Kirche, die nie eine Herrscherkirche war und die seit fast vierzehn Jahrhunderten unter islamischer Herrschaft, mal etwas stärker mal etwas sanfter unterdrückt wird. Dennoch: Es gibt sie noch. Sie ist, vielleicht mehr als die meisten christlichen Gruppierungen eine Kirche der Märtyrer. Deren Blut ist der Same der Kirche, wie schon die alten Kirchenväter wussten. Und so ist es geradezu folgerichtig, dass es die Kopten noch gibt. Anpassung ist der Weg zur Auslöschung kultureller Identitäten. Ihre kompromisslose Bereitschaft für ihren Glauben an Christus, wenn nötig, zu sterben, hat dazu geführt, dass in den Kopten heute noch eine Amalgamation aus pharaonischem Ägypten, deren Erben sie sind, und antikem Christentum existiert. Wer sind nun diese Märtyrer? Martin Mosebach zeigt uns nicht übermenschliche Helden, Titanen des Glaubens, sondern einfache, normale und fromme Landbewohner aus dem ägyptischen Hinterland. Es ist ein Wunder Christi, dass heute, wie seit 2000 Jahren immer wieder Menschen ihren Glauben bis zum Tod bezeugen. Mitleid oder Wut sind hier fehl am Platz, denn die alte ägyptische Kirche zeigt uns, dass Tod und Trauer nicht das letzte Wort haben, sondern durch den gestorbenen und auferstandenen Christus in Bekennermut, Glaubensfreude und Herrlichkeit verwandelt werden können. Darin sind uns die 21 Märtyrer, ihre Familien und ihre Kirche zum Geschenk geworden.

Jens Binfet, MTh. Student

Zum Autor

Martin Mosebach, geboren 1951 in Frankfurt am Main, veröffentlicht Romane, dazu Erzählungen, Gedichte, Libretti und Essays über Kunst und Literatur, über Reisen, über religiöse, historische und politische Themen. Dafür hat er zahlreiche Auszeichnungen und Preise erhalten.

Impressionen der Veranstaltung

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