Eine NT-Tagung an der STH Basel vom Samstag, 28. April 2018.
Bericht von Magnus Rabel, Austauschstudent von der Universität Tübingen
Dass der 1. Korintherbrief ein praktischer Text
ist, der dem Christen im Leben und im Sterben hilft, erkennt jeder, der
schon einmal dieses Zeugnis der frühen Christenheit bedacht hat. Dass er
jedoch gleichzeitig eine schier unergründlich theologische Tiefe
besitzt, stellte uns einmal mehr der Studientag der STH Basel vor Augen,
der diesem Brief des Paulus gewidmet war. Dieser Einblick wurde den ca.
40 Interessierten (darunter auch Studierende und Alumni) am 28. April
gewährt und regte Zuhörer wie Referenten an, auch ausserhalb des
gemeindlichen Kontextes ins Gespräch über theologische Fragestellungen
zu kommen.
Eröffnend beschäftigte sich Prof. Dr. Harald Seubert
(STH Basel) mit der Relevanz der Zweiten Sophistik für die rechte
Lektüre der paulinischen Briefe, indem er treffend Sophistik
(«Weisheitslehrer») und paulinische Theologie gegenüberstellte. Im
Brückenschlag auf das heutige Nachdenken über Wahrheit akzentuierte er
in seinen Ausführungen, dass durch die Zeiten hinweg das Wort vom Kreuz
stets der Stein des Anstosses – gerade auch für die Sophisten – war. Die
Unterscheidung der Geister durch das geoffenbarte Wort Gottes solle
jedoch die rechte Richtschnur für die Philosophie, Theologie und
Gemeinde sein.
Daran anschliessend unternahm Prof. Dr. Christian Stettler (STH Basel und Universität Zürich) die kaum bewältigbare Aufgabe einer exegetischen Zusammenschau der Argumentation des Paulus über das Wort vom Kreuz in Auseinandersetzung mit Rhetorikern der Antike, die sich implizit durch den ganzen Brief zieht, explizit jedoch im Themenkomplex Kapitel 1–4 behandelt wird. Wenngleich manches leider nur angedeutet werden konnte, wurde skizzenhaft gezeigt, wie im Kreuzesgeschehen die Theologia Gloriae (die Theologie der Herrlichkeit) Ausdruck in der Theologia Crucis (der Theologie des Kreuzes) findet, nämlich dem universellen Sühnegeschehen des Kreuzes, sodass der «Erfolg» der christlichen Existenz, die volle Herrlichkeit der Botschaft des Christus Victor (des siegreichen Christus), eben erst durch das Leiden des allmächtigen Gottessohnes – und nicht selten seiner Gemeinde – völlig erkennbar wird.
Gastgeber Prof. Dr. Jacob Thiessen (STH Basel) schilderte sachkundig Positionen und Erwähnungen aus der Umwelt des Neuen Testaments und der Antike zum Phänomen der Glossolalie, der in 1.Kor 12–14 angesprochenen, sogenannten «Zungenrede». Dabei stand im Fokus seiner Betrachtung der Dionysoskult, der derzeit neu das Interesse der Wissenschaft weckt, mit dem Paulus sich innerhalb der korinthischen Gemeinde zumindest in indirekter Weise auseinandersetze. Das Anliegen des Paulus wurde uns dabei deutlich vor Augen gemalt: Dem Kollektiv der Gläubigen als dem Leib Christi (und nicht dem Individuum für sich!) wurden die Gnadengaben anvertraut, und zwar zu einem Zweck ausserhalb von sich; nicht etwa als pseudo-religiöser Selbstzweck, sondern einzig zur Erbauung der Gemeinde Gottes.
Am Nachmittag führte Prof. Dr. Benjamin Schliesser (Universität Bern) kompetent in die aktuell viel diskutierte Sozialgeschichte und Struktur der ersten Gemeinden, insbesondere in Korinth, ein und nahm den Zuhörer durch seinen belesenen Stil in der Fiktion eines Unwissenden, der in die Gemeinde kommt und seine Entdeckungen reflektiert, mit in die Versammlung der neubekehrten Korinther.
Bündelnd und in mancher Weise krönend führte Prof. Dr. Jörg Frey (Universität Zürich) seine Lektüre des 1. Korintherbriefs als eines Vermittlungsbriefs des Paulus an die zerrüttete Gemeinde in Korinth vor und zeigte rhetorisch wie theologisch gelehrt die Hauptlinien dieses Textcorpus auf: Das geduldige Antworten des Apostels als ein hoffendes Verlangen nach Einheit und das Kreuz als Mittelpunkt und alles bestimmende Wirklichkeit – ein Anstoss auch für uns, neu ad fontes – zurück zu den Quellen – zu kommen.
Programm
9.00 Uhr: | Begrüssung und Einführung |
9.10 Uhr: | «Sofisten in der Gemeinde von Korinth?» (Prof. Dr. Harald Seubert) |
10.00 Uhr: | «Die Rhetoriker in Korinth und die Kreuzes-Theologie des Paulus» (Prof. Dr. Christian Stettler) |
10.50 Uhr: | Kaffeepause |
11.10 Uhr: | «Der Dionysoskult und die ‹Zungenredner› in Korinth» (Prof. Dr. Jacob Thiessen) |
12.00 Uhr: | Mittagspause |
14.00 Uhr: | «Die Sozialstrukturen der Gemeinde von Korinth» (Prof. Dr. Benjamin Schliesser) |
15.00 Uhr: | «Das Ringen des Paulus um die Einheit der Gemeinde: Der 1. Korintherbrief als Vermittlungs-brief» (Prof. Dr. Jörg Frey) |
15.50 Uhr: | Abschluss |
Die Referenten
Prof. Dr. Jörg Frey ist Professor für Neues Testament an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich.
Prof. Dr. Benjamin Schliesser ist Ausserordentlicher Professor für Neues Testament an der Theologischen
Fakultät der Universität Bern.
Prof. Dr. Harald Seubert ist Professor für Philosophie, Religions- und Missionswissenschaft an der STH Basel.
Prof. Dr. Christian Stettler ist Titularprofessor für Neues Testament und Antikes Judentum an der STH Basel
und Privatdozent an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich.
Prof. Dr. Jacob Thiessen ist Professor für Neues Testament an der STH Basel.
Videoaufnahmen der Tagung
«Sofisten in der Gemeinde von Korinth?»
(Prof. Dr. Harald Seubert)
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Weitere Informationen«Die Rhetoriker in Korinth und die Kreuzes-Theologie des Paulus»
(Prof. Dr. Christian Stettler)
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Weitere Informationen«Der Dionysoskult und die ‹Zungenredner› in Korinth»
(Prof. Dr. Jacob Thiessen)
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Weitere Informationen«Die Sozialstrukturen der Gemeinde von Korinth»
(Prof. Dr. Benjamin Schliesser)
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Weitere Informationen«Das Ringen des Paulus um die Einheit der Gemeinde: Der 1. Korintherbrief als Vermittlungsbrief»
(Prof. Dr. Jörg Frey)
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Weitere InformationenAudioaufnahmen der Tagung
«Sofisten in der Gemeinde von Korinth?»
Prof. Dr. Harald Seubert
«Die Rhetoriker in Korinth und die Kreuzes-Theologie des Paulus»
Prof. Dr. Christian Stettler
«Der Dionysoskult und die ‹Zungenredner› in Korinth»
Prof. Dr. Jacob Thiessen
«Die Sozialstrukturen der Gemeinde von Korinth»
Prof. Dr. Benjamin Schliesser
«Das Ringen des Paulus um die Einheit der Gemeinde: Der 1. Korintherbrief als Vermittlungsbrief»
Prof. Dr. Jörg Frey